11. Tag 1. Zugstag nach Chabrowsk

Der Zug fuhr pünktlich um 03:45 ab!
Nach ein paar Stunden Rüttel-Schüttel wachte ich durch die aufgehende Sonne auf.
Oh Mann! Diese Weite und diese Farben! Ich bin absolut überwältigt, wie sich das Land in seinem herbstlichen Kleid präsentiert. Fast alle Espen und Birken sind schon total gelb und die Lärchen haben goldene Wipfel. Es ist einfach unbeschreiblich.
Dies wird uns für die zwei Tage ununterbrochener Zugsfahrt entschädigen. Der Zug hält nur zum Ein- und Aussteigen oder zum Lokwechsel. Auch hat der Regelzug, obwohl wir ein 4er Abteil für 2 Personen haben natürlich nicht den Komfort des Zarengold Sonderzugs. Aber das haben wir ja vorher schon gewusst. Aber ganz ehrlich gesagt: von Moskau her hätte ich das nicht ausgehalten.

Natürlich ist das Land nicht ausgestorben, mit einer Zahl von 1.5 Personen pro km2 extrem dünn besiedelt. Wenn man noch berücksichtigt, dass ein grosser Teil der Leute in den Ballungszentren oder den wuchernden „Schwarzhäusern“ rundherum wohnen, dann kann man abseits der Geleisstrecken schon von ‚unbewohnt‘ sprechen.

unendliche Weite Herbstfaaarben

10. Tag Ulan Ude

Ruhestätte

Alles hat ein Ende und so konnte ich heute den Ausflug zum buddistischen Kloster Dazan (UU S.258) mitmachen. Dieses Kloster beherbergt eine wissenschaftliches Wunder! Ein ‚Abt‘ teilte Anfangs letzten Jahrhunderts den Mönchen mit, dass er bald sterben werde und sie ihn dann beerdigen und nach 75 Jahren wieder ausgraben sollen.

Nach 30 Tagen Meditation wurde sein Tod festgestellt und er wurde in seiner Lotosstellung in einer Holzkiste beerdigt. 200x wurde er ausgegraben und sein Körper war im ursprünglichen Zustand. Die Haut war warm und seine Nägel und Haare wuchsen, zwar sehr langsam, aber er muss mehrmals im Jahr rasiert und manikürt werden.
Natürlich stürzten sich Forscher aus aller Welt darauf und wollten einen Humbuk beweisen, scheiterten aber kläglich.
Leider konnte der Dalaih Lama das Kloster nicht besuchen, da die Chinesen mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland gedroht habe, wenn er einreisen dürfe.

Am Nachmittag hab ich dann noch die zwei übrig gebliebenen Käsches besucht.
Wir werden Larissa, unser, mit grossem Abstand, bester lokaler Guide, sehr vermissen.

8. Tag Baikal

Der ganze heutige Tag war für den Baikalsee und seiner Umgebung reserviert.
Zuerst ging’s ins Freilichtmuseum bei Tal’cy , ein russisches Balenberg 😉
Die neu errichtete Siedlung aus Holzhäuser soll eine kasakische Siedlung darstellen, mit den verschiedenen Typen von Wohnhäusern mit den angrenzenden Stallungen, der Schule und dem Haus der „Bürgermeisters“ mit dem angrenzenden Gefängnis.
Typisches altrussisches Holzhaus Sauna

Dann fuhren wir weiter nach Listwjanka, wo wir auf dem lokalen (Touristen-)Fischmarkt einen Omul (eine Forellenart) erstanden (100 Rubel für einen von ca. 25cm). Dieser Fisch wird geräucht und lauwarm mit den Fingern verspeist. Zuerst die Haut abziehen und dann das eine Filet von den Gräten abschälen. Danach den Omul am Schwanz hochhalten und dann kann man die andere Hälfte sauber loslösen. Hhhhhmmm, das war wirklich lecker.

Baikalsee / AngaraDas Boot muss einen Umweg fahren, da mitten im (Aus)Fluss ein riesiger Brocken, der Schamanenfels, im Weg liegt.
Am andern Ufer wartete schon der Zug auf uns und würde uns bis zum Dorf „110KM“, fast am Ende der ehemaligen, nun nicht mehr für den regulären Betrieb verwendete Strecke bringen. Dort wurden früher sie Waggons im Sommer mit Fährschiffen und im Winter auf auf dem Eis verlegten Schienen ans andere Ufer gebracht. Später wurde eine Umfahrung gebaut und dieses Stück stillgelegt.
Dort gabs dann ein Barbeque und einige badeten in 16*C warmen Wasser.
Es lohnt sich ein bisschen über den Baikalsee nachzulesen.

7. Tag Irkutsk

Eine lange und sehr holperige Fahrt brachte uns heute nach Irkutsk. Schon weit vorher bemerkt man den Einfluss dieser Stadt. Es hat wieder deutlich mehr kleine Dörfer und vielerorts sieht man abgeerntete Getreidefelder, wobei jedoch noch einige Maisfelder stehen geblieben sind. Der grösste Teil der ursprünglichen Holzhäuser von Irkutsk sind leider 1879 in einem Flammeninferno abgebrannt. Die wenigen erhaltenen sind am verlottern, da nur wenige Leute dort drin wohnen wollen, da in ihnen jeglicher Komfort fehlt.
Einige wurden restauriert und Touristisch genutzt. An anderer Stelle wurden neue Holzhäuser errichtet und es entstand eine Disneyland artiges Quartier mit Souvenier Shops und Cafés.
Anstelle eines zweiten Stadtrundgangs machte ich mich in der Nähe des Hotels auf die Suche nach einem, der letzthin wieder gefunden worden war. Die Koords dazu hatte ich schon zu Hause berechnet und so spazierte ich in der herrlichen Nachmittagssonne dorthin. Nach einer kurzen Suche an einem ähnlichen Objekt fand ich ein zweites und wurde gleich fündig. Schade, an ersterer Stelle wäre sogar Platz für einen small gewesen.
Zum Abendessen wurden wir zu einer Familie in ihre Datscha eingeladen. Nach einer kurzen Hausbesichtigung wurden wir zu Tisch gebeten und richtig russisch bekocht. Natürlich durfte der Wodka (aus dem Tiefkühler) nicht fehlen und es fielen dauernd deftige Trinksprüche.
Vom Hotel aus genossen wir noch einen Blick auf das nächtliche Irkutsk.

6. Tag Krasnojarsk (unterbrochener Zugstag)

Auf heute Morgen hat sich die Landschaft verändert. Sie ist bezuckert worden, denn in der Nacht hat es geschneit und die ganze „weisse Tundra“ wurde wirklich weiss. Es war wunderbar die veränderte Landschaft zu betrachten.
Leider hielt es nicht bis zur Stadt; dort Regnete es nur und ein eiskalter Wind pfiff um die Häuser.
Die Stadt am nie gefrierenden Enisej (er ist weiter oben gestaut und das Wasser für das Kraftwerk wird aus der Tiefe geholt und hat immer 8*C) war in der Vergangenheit ein berüchtigter Deportationsort und hat daher sehr viele Ethnien. Auch der Baustil ist wild gemischt. Es hat alte Bauten im stalinistischen Säulenstil neben funktionalen Bauten wie auch modernste, in den Himmel schiessende Hochhäuser.

Langsam verändert sich das Gesicht der Tundra und es kommen immer mehr Tannen und Föhren zum Vorschein. Das weiss-gelb wird durchsetzt von hellbraun-dunkelgrün.

5. Tag Novosibirsk

Die Strecke von Jekaterinburg nach Novosibirsk ist mit 1580km das zweitlängste Teilstück das wir befahren. Daher mussten wir die ganze Nacht in hoher Geschwindigkeit (ca 130kmh) und bis zum frühen Nachmittag mit „Rausguck-und-geniess“-Tempo (ca 50kmh) fahren. Es ist ein nicht mehr endend wollenes Stück sumpfiger Tundra, durchzogen von bereits gelb eingefärbten Birken. Manchmal ist es bis zum Horizont niedriges Steppengras, durchzogen von Bächen und Tümpeln. Ein ander Mal stehen Birken und Büsche so dicht aneinander, dass da gar kein durchkommen möglich wäre.
Novosibirsk wurde uns natürlich wieder als die schönste und beste Stadt beschrieben. In einem haben sie aber sicher recht, es hat hier nämlich die grösste Ballettbühne Russlands. Schön war es auch in dem Sinne, als dass der Schneefall vor der Stadt aufhörte und wir nur ab und zu leichten Regen hatten.
In der grossen gedeckten Markthalle machte sich bereits der orientalisch Einfluss bemerkbar. Es war ein buntes Gemisch der verschiedensten Stände und deren verströmten Gerüche. Auch bei den Autos merkte man, dass Novosibirsk in der Hälfte zwischen Deutschland und Japan liegt, denn es hat massenweise rechtsgesteuerte.
In der Nähe hatte es einige Kaffee’s wo’s endlich einen guten Expresso gab. Das herrliche beim abschliessenden Bezahlen war, dass das Volumen des Espresso (30ml) und das des Cappuchino (480ml) angegeben war. Nur bei der Crèmeschnitte fehlte das Gewicht 😉
Nach einem kurzen Rundgang im Bahnhof, in dem man mit etwas Fantasie eine Lokomotive erkennen kann, ging’s wieder zum Zug.image image

4. Tag Jekaterinburg

Die Fahrt heute Nacht war kurz, resp ge-kürzt, denn Jekaterinburg hat eine Stunde Zeitverschiebung und die gemogelte Stunde in Kazan wurde nun auch nachgeholt, was nach AdamRiese eine um zwei Stunden kürzere Nachtruhe ergab.
Hier war Historie angesagt, denn in Jekaterinburg wurde die Zarenfamilie im Juli 1918 von einem Bolschewickenkommando abgeschlachtet. Am Ort des damaligen Haus‘ wurde 1998 die „Kirche auf dem Blute“, mit einer Rekonstruktion des Zimmers in dem die Morde geschahen, errichtet.
Eine weitere interessante Aspekt für die Stadtentwicklung war, dass in der Umgebung Halbedelsteine verschiedenster Art, wie auch Gold gefunden wurden. Heute werden diese aber industriell nicht mehr abgebaut.
Kurz vor Jekaterinburg ist die einzige Grenze zwischen zwei Kontinenten, die auf dem Festland verläuft; nämlich die zwischen Europa und Asien. Es wurden an markanten Punkten Obeliske errichtet, die dies symbolisieren. Wir besuchten natürlich genau einen cachelosen.
Die Weiterreise im Zug nach Novosibirsk startete schon um 16Uhr, da wir eine ziemliche Strecke zurück zu legen hatten.

Kontinentalgrenze Europa - Asien
Kontinentalgrenze Europa – Asien

3. Tag Die erste Reisenacht & Kasan

Rumpel, rumpel, rumpel … So verging die erste Nacht. Wir fuhren mal schneller, mal langsamer durch die unter einem herrlichen Sternenmeer liegende Tundra. Zwei mal wechselten wir die Lok, die jeweils nur einen 6 Stunden Block fuhren.
Ok, wir haben auch schon besser geschlafen, aber das erging allen so. Also blickten wir beim ausgedehnten Frühstück hauptsächlich in verschlafene Gesichter.
Nach dem Frühstück hatten wir ausreichend Zeit neben den schon im „Indian Summer“ verfärbten Birken auch immer wieder kleine Dörfer oder einzelne Gehöfte zu betrachten. Dann wurde es plötzlich neblig und wir überquerten die Wolga. Damit war unser heutiges Ausflugsziel Kasan schon fast erreicht.
In Kasan wird bald Fussball gespielt werden, aber das wissen die eingefleischten Fans ja alles schon.
Kasan ist eine prosperierende Stadt, hauptsächlich durch Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas. Es schiessen massig neue Quartiere mit modernsten Wolkenkratzern aus dem Boden, aber es gibt auch architektische Entgleisungen, die dem Stile der Moskauer Zuckerbauten nachempfunden wurden.
Der kasaner Kremel (= Burg, Festung oder Zufluchtsort) hat, durch die gemischten Ethnien gegeben, eine russisch-orthodoxe Kathedrale und eine riesige Mosche. Diese wird allerdings so selten für islamische Gottesdienste verwendet, so dass sie besichtigt und drinnen fotografiert werden kann.
Leider war das Programm so gedrängt, dass kein Zugriff auf den nahe gelegenen Käsch möglich war und auch der beim andern Bahnhof leider unerreichbar war.
Nach einem typisch kasachischen Mittagessen verloren wir sinnlos eine Stunde in der Einkaufsmeile, die leider zu weit weg von den Objekten der Begierde lag.
In einem, von der Fa. LernIdee unterstützten Konservatorium wurden uns dann von Schülern einige Musikstücke vorgespielt.
Im Eilzugstempo gings retour zum bereit stehenden Zug wo die übliche Abend- und Nachtroutine begann.

2. Tag Moskau und ‚Einsteigen bitte‘

Heute funktionierte alles nach russischer Perfektion.
Die ganze Gruppe war pünktlich zur Abfahrtszeit in der Lobby und es konnte los gehen mit dem Abspulen des Tagesprogramm.
Kremel – Teil des Roten Platz‘ – GUM (behüte meine Kreditkarte) – Fahrt auf einem der zirkulären RIngs – Mittsgessen – ein anderer Ring – Universität – ein weiterer RIng – eine Einkaufsstrasse und ENDLICH, auf die Minute, der Bahnhof. Nach einer kurzen Toilettenpause konnten wir uns aufs Perron begeben, wo wir von einer tollen Brass Band empfangen und gleichzeitig für die Reise verabschiedet wurden.
Neugierig bezogen wir unsere Abteile – whow – sowas von riesig! Aufgerundet 3 x 2 Meter mass die Schlaf- resp. Fahrzelle. Es begrüsste uns eine Früchteschale, normales und „Heiliges Wasser“ (Wodka) und einige Snacks, falls wir in unerhörter Wiese unsere Zähne beschäftigen wollten.
Nun mussten wir uns für die kommenden 5 Tage, die wir im Zug verbringen wüden, einrichten. Das Nötigste wurde ausgepackt und der Rest in der Kofferablage über dem Gang verstaut. Dann gings zum gruppenweisen Schichtessen in einen der drei Speisewagen., wo wir zum ersten Mal in gemütlicher Fahrt, etwa mit 60 kmH, verköstigt wurden.